Geht es für Minister Hahn (FDP) nur noch ums Rechthaben, oder sparen Gerichtsschließungen tatsächlich überhaupt nichts ein?

Marburger Aktionsbündnis gegen die Schließung des Arbeitsgerichtes Marburg und das Gerichtesterben in Hessen -Aktuelle Informationen-                               3.Februar 2011

PRESSERERKLÄRUNG

Noch ist nichts entschieden! Seitens der Hessischen Landesregierung wird immer wieder der Eindruck in der Öffentlichkeit erweckt, als sei die Entscheidung zur Schließung von kleinen Amts- und Arbeitsgerichten in Hessen, insbesondere auch die Zusammenlegung der Arbeitsgerichte Marburg, Gießen und Wetzlar mit Sitz in Gießen bereits entschieden und unabwendbar. Dem ist nicht so. Voraussetzung für die Umsetzung der Entscheidung ist die Änderung des Gesetzes über die Gerichtsorganisationen.  Hierüber haben die Abgeordneten des Hessischen Landtages noch abzustimmen.  Ohne die Gesetzesänderung ist die Schließung der Gerichte nicht möglich. Es besteht also durchaus noch die Möglichkeit, die Abgeordneten an ihre staatsbürgerliche Verpflichtung, zum Wohle der Bürger zu entscheiden – die sie letztendlich gewählt haben und auch wieder wählen sollen –, zu erinnern.

Obwohl die Gesetzesänderung voraussichtlich erst im Herbst diesen Jahres zur Abstimmung kommen wird (nach der Kommunalwahl!), sind die Planungen zur Umsetzung der Maßnahmen ab dem 1.1.2012 bereits in vollem Gange. Schließlich müssen in Gießen erst die räumlichen Voraussetzungen für die Zusammenlegung von 3 Arbeitsgerichten durch umfangreiche Neu- Um- oder Erweiterungsbauten geschaffen werden. Anders als bei „Stuttgart 21“, wo sich der Bürgerprotest ebenfalls gegen eine unsinnige und unwirtschaftliche Entscheidung der politisch Verantwortlichen wendet, wurden dort zumindest die gesetzlich vorgeschriebenen bürokratischen Prozesse vorher durchgeführt. Nicht so in Hessen. Hier werden Fakten geschaffen und diese sodann den Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt. Worüber diese dann noch abstimmen sollen bleibt fraglich.

Die Hessische Landesregierung begründet das „Gerichtesterben“ beharrlich mit der Notwendigkeit, Kosten im überschuldete Haushalt einsparen zu müssen, ohne bislang eine Berechnung sämtlicher Kosten vorgelegt zu haben. Nunmehr hat sich herausgestellt, dass bei den derzeit ins Auge gefassten Objekten in Gießen, eine Kostenersparnis bei den Sachkosten nicht zu erreichen ist. Im Gegenteil, die voraussichtlichen Kosten der Zusammenlegung liegen nach derzeitigem Stand über den Einsparungen, die durch die Schließung der Gerichte erzielt werden. Nennenswerte Einsparpotentiale im Personalbereich scheiden ebenfalls aus. Schließlich hat das Justizministerium gegenüber der Arbeitsgerichtsbarkeit erklärt, durch die Zusammenlegung solle es nicht zur Personalreduzierung kommen. Hieran müssen sie sich messen lassen. Das Aktionsbündnis fragt daher: Wieso muss eine Entscheidung des Hessischen Justizministers Hahn (FDP) auf Biegen und Brechen umgesetzt werden, obwohl das Ziel der Maßnahme – jedenfalls in Mittelhessen – nicht erreicht werden kann. Souverän und glaubhaft wäre es, die Entscheidung aufgrund der neuerlichen Erkenntnisse zu revidieren. Diese Größe hat der Justizminister in NRW kürzlich bewiesen, als er von der dort ebenfalls ins Auge gefassten Schließungen kleiner Amtsgerichte mit der Begründung Abstand genommen hat, kleine Gerichte seien effizienter (vergl. Zitat am Ende ***). Der Bürger würde eine solche Haltung sicherlich positiv honorieren. Vielleicht sogar schon bei der anstehenden Kommunalwahl.

Letztlich bleibt der Hinweis, dass durch die beabsichtigten Schließungen der Amts- und Arbeitsgerichte, das „Recht in weite Ferne rückt“.  Durch die Zusammenlegung der Arbeitsgerichte in Mittelhessen entsteht der flächenmäßig mit Abstand größte Arbeitsgerichtsbezirk in Hessen. Die Entfernungen zum Arbeitsgericht werden sich mehr als verdoppeln und betragen ca. 70 km. Dies ist weder dem rechtsuchenden Bürger, noch den Unternehmern zuzumuten. Die Vorzüge kleiner überschaubarer Strukturen sind in vielfältiger Hinsicht ein Standortvorteil. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmer – deren Interessen die FDP ja besonders vertreten will – sollten dies zu schätzen wissen.

Wir fordern daher alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich weiterhin für den Erhalt der kleineren Amts- und Arbeitsgerichte einzusetzen und sich zusammen mit dem Aktionsbündnis gegen die Verödung der ländlichen Regionen auf Kosten der Bürger und gegen deren Interessen, zu wenden. Das Arbeitsgericht Marburg muss bleiben!

Für das Aktionsbündnis: Gisela Falk, Rechtsanwältin, 1. Vorsitzende des Marburger Anwaltvereins und Hannes Kleinhenz, Richter im Ruhestand, Pressesprecher des Aktionsbündnisses.

Kontakt und weitere Infos: www.gerichtesterben.de

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